Vernissage

Hochwasser

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Kunstwerke im und am Wasser

«Wasserwerke 2»

Acht Künstler stellen «Am Schlipf» beim Riehener Schwimmbad aus
Weiler Zeitung 5. Mai 1999

RIEHEN/WEIL AM RHEIN.
Wasser ist unberechenbar. Gerade die Faszination dieses Elements bewog die Künstlerinnen und Künstler, die sich zu der Ausstellungsgemeinschaft «Wasserwerke 2» unter der Koordination von Rolf Müller (mit Unterstützung des Weiler Kulturamts und der Gemeinde Riehen) zusammengefunden haben, zu ihren Kunst-werken an der Wiese auf der Höhe des Riehener Schwimmbads. Viele der Installationen beschäftigen sich in irgend einer Weise mit dem Wasser. Einigen der schon installierten Kunstwerke machte jedoch die Kraft und Dynamik des Elements einen Strich durch die Rechnung: Sie wurden von einem heftigen Hochwasser zum Teil weggespült, sollen jedoch bis zur Vernissage am Sonntag um15 Uhr wieder aufgestellt werden. Gut überstanden haben die sechs Holzfiguren in einem schmalen Boot stehend von Dorothée
Rothbrust aus Bettingen das Hochwasser. «Traghetto» heißt das Werk, das von zwei amUfer stehenden Figuren ergänzt wird. Traghetto ist eine große Gondel, die in Venedig zur Überquerung des Canale Grande genutzt wird. Das überqueren als Anspielung auf die Grenzsituation, auf die schwelende Problematik von Flüchtlingen, die Grenzen überwinden wollen, läßt sich hier hineininterpretieren. Die zwei Gestalten am Ufer lassen aber auch Fragen offen: warten sie, bleiben sie zurück, beobachten sie? Auf der gegenüberliegenden Seite, direkt unter der Brücke mit ihrem lärmenden Autoverkehr versteckt, stehen die "drei Schädelfiguren" des jungen Künstlers Johannes Beyerle aus Kandern. Er benützt eine alte Technik aus Lehm und Holz und verfolgt schrittweise in seinen drei Figuren die Verwandlung vom Tierschädel zum

Menschen. Schräg im Boden verankert scheinen die Figuren sich unter dem gewaltigen modernen Beton und
dem Lärm zu ducken, suchen eher Verbindung zum ursprüng-lichen, rauschenden Wasser des Flusses. Heiter frühlingshaft und einen Ansporn zum Verweilen bietet dagegen ein Stück flußabwärts die blau-weiße Bank vonCatrin Lüthi K aus Riehen. Erinnerung an die Farbe des Himmels, an die Frische des Frühlings vermittelt diese «15 Meter lange Bank», die aus den gleichen Materialien hergestellt ist wie ihre vormals aufgestellten Badekabinen. Die Bank regt an zum Unterbrechen der Wanderung, zum Hinschauen auf das Wasser, vielleicht zum Träumen und Nachdenken.Nur fünf der urspünglich 20 Teile des «bois sacre», des heiligen Waldes, von Stéphane Arbogast aus Strasbourg sind dem Hochwasser entgangen. Es sind geflammte, kohlschwarze Äeste, mitten im Fluß installiert, an ihrer Spitze vergoldet - bei Sonne ein herrlich reflektierendes Schauspiel. Noch dramatischer erging es dem «Wasserlot-Wasserpendel» von Volker Bessel aus Riehen. Der glitzernde, leicht vom Wasser umspielte Kegel spiegelt sich in der Flut und scheint über dem Wasser zu tanzen. Chaos (das Wasser) und Ordnung (die Installation) begegnen hier einander.
Derzeit noch nicht installiert ist das «Unterwassertulpenfeld» von Max Meinrad Geiger aus Inzingen, das an der Stromschwelle unter Wasser festgemacht wird. Die Metallplatte mit farbigen Tulpen wird dann von der Brücke aus sichtbar sein. 1,80 Meter breite Schirme wird lldikó Csapó aufstellen.

Darunter sorgen Installationen fur eine intensivere Wahr- nehmung der Akustik: das Rauschen des Wassers, der Lärm der Menschen - all das soll ganz neu erspürt werden.Paul Thévenets (Kochkas) große Tonfigur ist zwar fertiggestellt, jedoch noch nicht gebrannt und aufgestellt. «Durst» zeigt ein junges Mädchen, kniend am Wasser, die Ellenbogen auf den Oberschenkeln. Erschöpfung, Hitze, Flucht dienen hier als Assoziationen, die Suche nach neuen, erfrischenden Kräften aus dem Wasser.
Weitere Werke der Künstler sowie Informationen zu den Außeninstalla- tionen sind in den Restaurants «Wiesengarten» und im «Aegina» ausge- stellt.

Gabriele Hauger


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«Traghetto» heißt das Werk der Künstlerin Dorothée Rothbrust und ist derzeit ,,Am Schlipf" zu sehen.
Foto: Gabriele Hauger

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Ausstellung
Wasserwerke 2
Weiler-Zeitung
RIEHEN (hau). Ungeahnte Wassermassen in diesem Monat machen dem Organisator der Ausstellung «Wasserwerke 2» am Schlipf Rolf Müller, zu schaffen (wir berichteten bereits). Hatte eine erste Flutwelle noch während der Aufbauphase der Kunstwerke auf Höhe des Riehener Freibads, die zum Teil direkt im Wasser installiert sind, einen Teil mitgespült, so mußten letzte Woche noch größere Verluste hingenommen werden. Das nur kurze Zeit für metallisch glänzende Wasserspiele sorgende «Unterwassertulpenfeld» von Max Meinrad Geiger wurde in der Nacht zum Mittwoch gänzlich aus seiner Verankerung gerissen und mit den Fluten fortgespült. Den Holzästen des ,,Bois sacre es" von Stephane Arbogast aus Straßburg wurde schon vorher dieses Schicksal zuteil. Und auch das gerade wieder neu erstellte "Wasserlotpendel" von Volker Bessel wurde weggespült. Aus Sicherheitsgründen hat Rolf Müller daher die Figuren aus dem Boot "Traghetto", ein Kunstwerk von Dorothée Rothbrust, vorsichtshalber ühergangsweise in Sicherheit gebracht. Alle anderen Installationen, die außerhalb der Reichweite des Wasser stehen, sind unversehrt, die Tonlfigur von Paul Thévenet Kochka wurde einige Meter nach oben versetzt.
Dennoch möchten die Ausstellungsteilnehmer nicht aufgeben. Jetzt gilt es, sich nach Hilfe auf dem technischen Sektor umzuschauen. «Es sind ja Ideenkunstwerke und weniger materielle», so Rolf Müller. Erstmal wird jetzt jedoch eine Wetterberuhigung abgewartet. Daß man die Wiese beim Ausstellungplan unterschätzt habe, gibt Müller unumwunden zu. «Wasserwerke 3 wird mit Sicherheit nicht im Mai stattfinden», so Müller. Lachend verweist er auf den großen Künstler Christo, der auch auf die Natur Rücksicht nehmen mußte. Mit dem nötigen Respekt vor dem Fluß gelte es jetzt neue lnstalla- tionsmöglichkeiten zu finden. Wie schön die ursprünglich acht Kunstwerke der Ausstellung miteinander und mit dem Wasser harmonierten, das konnten Spaziergänger an der Wiese zwar nur wenige Tage bewundern. Doch für Frustration ist beim Ausstellungsorganisator keine Zeit. Bereits jetzt werden neue Möglichkeiten ausgetüftelt, eine Krisensitzung steht an.

Gabriele Hauger



Sie steht fest verankert und trotzt allen Wassermassen:
die 15 Meter lange Bank der Künstlerin
Catrin Lüthi K.
Foto: Gabriele Hauger


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