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ACHT KÜNSTLERINNEN UND KÜNSTLER AM SCHLIPF
ZWISCHEN RIEHEN UND WEIL


Neue Kunst im Wiesengrunde

BAZ - Dreiland-Zeitung

                                                                                             

Wo sich am Schlipf beim Riehener Gartenbad und Zollbrücke die Ausläufer des
Tüllinger Hügels mit der Flusslandschaft der Wiese vereinen, haben sich acht
aus dem Dreiland aufgemacht, in und um den munteren Flusslauf durch
skulpturale Interventionen die Flussebene zu beleben, Herz, Gemüt und Geist
zu bewegen.
Von der Brücke aus fällt sofort vom Inzlinger Max Meinrad Geiger sein ins breite
Flussbett eingelassenes «Unterwassertulpenfeld» auf. Grün und gelblich und
schön in der Reihe sagen sie durch die Blume, wie anders doch manches sein
könnte, würden wir liebevoller mit Naturkräften umgehen. Dahinter dann gleich
in Ufernähe vom Riehener Volker Bessel ein spezielles Kunst-Instrument. In ei-
nem Pyramidengestell schwankt ein mächtiges, silbern glänzendes Pendel. Je nach
Strömung der Wiese beschreibt dieser Trichter in seinen elliptischen Bewegungen
das aktuelle Kräftefeld des Flusses. Wo gern das Strömen des Wassers für von
Zufällen abhängig gehalten wird, vermag man Energieprinzipien im vermeintli-
chen Chaos zu erkennen. Die Riehener Kollegin Ildikó Csapó hat mit Unter-
haltungswert auf beiden Uferseiten je einen Sonnenschirm der fröhlichen Art
aufgestellt. Ruhig und entspannt möge man sich unter diesen federflirrenden
Schirmen niederlassen, zu sich kommen und im Angesicht der Wiese das Strömen
sehen und hören, sich, so möglich, ganz eins fühlen mit der Flusslandschaft.
Auch Cathrin Lüthi K, als Riehenerin mit dem Wiesengrunde eng vertraut, setzt
auf Musse und Besinnung
. Dem begradeten Flusslauf hat sich eine immerhin

Dorothée Rothbrusts Gestalten am Flussufer:
Mythik der Wiese.
15 Meter lange blauweiss-
streifige Ruhebank zugesellt.
Auf ihr liegend schauen wir
in den Himmel der wechseln-
den Wolkenbilder, sitzend
sehen wir flussaufwärts oder
flussabwärts die Schwarz-
waldhöhen oder die Rhein-
ebene. Unter der Brücke
hat Johannes Beyerle aus
Kandern aus Stroh und Lehm
drei schräg ans Beton gelehnte
Stelenschädelgestalten plaziert.
Von unten das Rauschen der
Wiese von oben ab und an das
Rauschen des Verkehrs. Seine
düster herausfordernden Figuren
sind über die Zeiten hinaus. Als

Grundtypen menschlicher Existenz bezeugen sie das endliche Leben im
Unendlichen. Schräg vis-ä-vis ein Beispiel von Vergeistigung der mensch-
lichen Figur durch Reduktion des Körperlichen. Dorothée Rothbrust aus
Bettingen hat da einen schmalen Einbaum mit einigen noch schmaleren,
langgezogenen, hellblaugrauen Gestalten landen lassen. Und im Uferrasen
warten zwei ebensolche ranke Figuren. «Ein Schiff wird kommen...», hier
findet es statt. Das Leben als Reise. Der Mensch ein Nomade. Jedes Indi-
viduum eine Monade.
Im gegenüberliegenden Hang lässt der Wahllörracher Paul Thévenet Kochka,
Skulpteur der alten Schule, ein nacktes junges Mädchen den Durst am Was-
serloch stillen. Da kniet sie, froh um Erfrischung. - Das Werk des Strassbur-
gers Stéphane Arbogast ist im wahrsten Sinne des Wortes badengegangen.
Noch vor dem Anschwellen der Wiese durch Regen und Schneeschmelze
versank sein «Bois sacré» im Flussbett. Sich aufreckendes Astewerk mit
vergoldeten Schnittstellen hätte in lyrischer Geste Werden und Vergehen
im Tages- wie im Flusslauf verdeutlichen sollen. Ein symbolischer Unter-
gang, denn die Welt ist aus dem Lot.
Siegmar Gassert




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