Vorankündigung

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Vernissage


Kunst entlang der Wiese

Badische Zeitung

Neues in «Kultur am Schlipf»

RIEHEN/WEIL AM RHEIN (BZ). Unter «Wasserwerke 2» treten
vom kommenenden Sonntag, 9. Mai, erneut Künstlerinnen und
Künstler aus dem Dreiländereck unter dem Veranstaltungsdach von
«Kultur am Schlipf» in einer Gemeinschaftsausstellung entlang der
Wiese in Höhe des Riehener Schwimmbads an die Öffentlichkeit.
Das städtische Kulturamt Weil am Rhein und die Gemeinde Riehen
als Mitveranstalter unterstützen das ortsbezogene Projekt der acht
KünstlerInnen auch finanziell.
Von Stéphane Arbogast sind «Bois sacrés» zu sehen, von Volker
Bessel «Wasserlot-Wasserpendel», von Johannes Beyerle «3 Schädel-
figuren», von lldikó «Wiesen Heterophonie". Max Meinrad Geiger
zeigt ein «Unterwasserfeld», Catrin Lüthi K «eine 15 Meter Bank»
Dorothée Rothbrust «Traghetto» und Paul Thévenet Kochka «Durst».
Die Vernissage ist am Sonntag, 9. Mai, 15 Uhr.
Die Ausstellung kann bis zum 1. August besucht werden.


MITTWOCH, 5 MAI 1999

KULTUR IN DER REGION

Wiese widersetzt sich Installationen

Künstler aus dem Dreiland bauen am Schlipf «Wasserwerke 2»

RIEHEN. Daß die paar dünnen Stecken, die da kreuz und quer aus der Wiese ragen, einmal ein Kunstwerk waren, kann man ihnen nicht mehr ansehen. Von den ursprünglich 20 geflammten, umgekehrt im Wasser steckenden und stimseitig vergoldeten Ästen des ,,Bois Sacré" von Stéphane Arbogast aus Straßburg stehen seit Donnerstagnacht gerade noch fünf an ihrem ursprünglichen Platz inmitten des Gewässers am Schlipf. Vier hat der Sprecher der Ausstellungsgemeinschaft «Wasserwerke» Wasserloch kniende Mädchenfigur aus Ton, Rolf Müller, immerhin an den Ufern des Hochwasser führenden Flusses wieder ausfindig gemacht und eine, so wurde ihm erzählt, liegt noch irgendwo im nahen Gebüsch.
Auch ein anderes Objekt der
«Wasserwerke 2», der dieses Mal von den acht Künstlerinnen und Künstlern aus dem Dreiland selber geplanten und organisierten neuen Ausstellung, wurde noch vor der Vernissage am kommenden Sonntag ein Opfer der Fluten: Volker Bressels «Wasserlot-Wasserpendel» tanzte nur am Donnerstag über dem Wasser - gerade so, daß die Spitze hie und da angespritzt wurde. Die Wellen rasten scheinbar in die nach unten hängende Spitze und
spiegelten sich dann wieder hoch, was dem durch Erdanziehung geordnete Wiesenwasser eine ganz spe- zielle Dynamik verlieh. Die beiden zerstörten und weggeschwemmten Werke sollen nach Auskunft von Rolf Müller bald wieder neu aufgebaut werden und - wie die übrigen - mitten im Knotenpunkt von Erholungsgebiet und Berufsverkehr die Kunst zu den Menschen bringen. Wenn das Hochwasser zurückgegangen ist, wird man von der Brücke aus vor der Schwelle das vier mal vier Meter große "Unterwassertulpenfeld" des lnzlingers Max Meinrad Geiger unter der Oberfläche metallig schimmern sehen, wird den Blick nach unten wenden, wie der Künstler es auch tat. Wo der Fluß die blaue Spiegelung des Hirnmels hinunterspült, so läßt er uns wissen, dahin, wo wir alle einmal sein werden - in die Erinnerung.Kunst ist im Sinn- lichen aktiv und will dort Ideen entfalten. Doch versteht die Bettinger Künstlerin Dorothée Rothbrust ihr Wasser- werk «Traghetto» durchaus als Anspielung auf die Grenzsituation und die schwelende Problematik der weltweiten Flücht- lingsströme. Schlank und still ragen die Figuren aus dem zierlichen Nachen. Sie schwingen ein wenig in der Berührung mit den beiden Gestalten, die - wir wissen es nicht - am Ufer zurückbleiben oder dort noch auf die Fähre warten Mit «Durst» hat der Franzose Paul Thévenet-Kochka eine große, an einem Wasserloch kniende Mädchenfigur aus Ton geformt und sie als Spezialist für alte, bis in die keltische Zelt zurückreichende Brenntechniken in einem von ihm auf der Grün 99 aufgebauten Ofen gebrannt. Wenn man sein Ohr still an eine der unter großen Bastschirmen plazierten Installationen von Ildikó Csapó legt, werden sie zu akustischen Erlebnissen. Die Geräusche des Wassers sind dann viel deutlicher zu hören als sonst, da unsere Wahrnehmungen vom Vorwissen mitgeprägt sind. «Bitte berühren» heißt es auch bei Catrin Lüthis K «15 Meter langen Bank», auf der Menschen ihre Wanderung an der Wiese entlang unterbrechen können - blau-weiß gestreifte Sommerfrische der Erinnerung.
Unter dem Beton der Brücke und dem Lärm des darüber- gehenden Verkehrs verharren schließlich die drei archaischen Schädelfiguren aus Ton und Stroh von Johannes Beyerle aus Kandern. Ein harter Kontrast, der nur vom gleichmäs- sigen Rauschen der Wiese etwas gemindert wird.

Barbara Ruda

Wasserwerke 2: Zwei Figuren läß die Bettinger KünstlerinDorothée Rothbrust auf ein vollbesetztes Traghetto blicken.

FOTO: BARBARA RUDA


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