Reale Kontraste

EU-Regio-Kunst im Emmendinger Rathaus

EMMENDINGEN. Im Rathaus- Innenhof empfangen den Besucher der ersten EU Regio-Kunstausstellung hohe, schlanke Figuren: ,Im Gespräch", fünf Frauen, fünf Individuen. Sie wiegen sich leicht im Wind auf ihrem Drantgestell, sind nicht gesichtslos und doch nur angedeutet, gewinnen Konturen durch die Struktur des Holzes. Ihre Haltung ist es, die ,,Im Gespräch" oder - bei der zweiten Gruppe der Schweizerin (Basel) Dorothée Rothbrust - die ,,Balance" der dort drei Gestalten vermittelt: Sie könnten für alle Frauen stehen.


                 Kontraste und Strukturen prägen die EU-Regio-Kunstausstellung
im Foyer des Emmendinger Rathauses.
Im Rathaus hat eine von ihnen den idealen Platz gefunden - und das gilt auch für Hans-Joachim Pietrulas ,,Lichtobjekte". Sie haben Zacken, Ecken und Kanten, doch schützendes Silikon um- hüllt sie. Ein Auge spricht den Betrachter an, winzige Glaskügel- chen scheinen aus und über die Objekte zu fliegen. In der Tat: sie leben vom Licht, ändern mit ihm die Farbe, die Sichtbarkeit des Gla- ses, das manchmal wie ein Edelstein schimmert, filigran, federleicht wirkt. Ganz anders etwa das Ölbild ,,Tanz der Stiere" mit seinen leuchtenden Farben und den geschwungenen Formen. Es hängt leider nicht so günstig - wie übrigens die Ausstellung im Foyer etwas zusammengepreßt wirkt. Bei mehreren Werken verrät nur der Blick auf die Signatur den Künstler.
Restaurator und Grafiker Günter Disch arbeitet computerisiert. Seine Puppen mit den überlangen Beinen, die Frauen in aufreizenden Posen und Kleidung entstehen am Mac. Ebenso die detailreichen Gruppen von Nägeln, Schlüsseln, seine Motive und Farbspielereien. Mir gefallen seine (wenigen) schwungvoll-abstrahierten, in allen Farben schimmernden Kreise besser.
Wunderschöne Farbspiele sind auch die bunten Wälder von Francine Clerc aus dem Elsaß  (Mulhausen)- am schönsten dort, wo nur noch die Form entfernt an den Wald erinnert, es Spiegelungen im Wasser sein könnten. Doch auch die Herbstfarben sind bezaubernd: Farben und Formen in Harmonie und Brillanz. Das gilt auch teilweise für Doris Kochs Farbexplosionen.
Neun kleine Bilder zaubern ein Farb-Feuerwerk. Satt, dick trägt sie die Farben auch in ihren großformatigen Werken auf, setzt gelungene Schwarz- oder Weiß- Kontraste dagegen. Wo sie mit Loch- oder glänzender Metall- verbrämung über den Rahmen hinausdeutet, entsteht ein dyna- mischer Effekt - manchmal nimmt das Metall aber auch den Farben ihre Leuchtkraft.
Ein wenig zusammensuchen muß man sich leider Udo Falks ,,Atlantis"-Serie. Zwar hat er vorbildlich-ausführliche Erklä- rungen danebengestellt, doch hängen einige seiner Seidenma- lereien etwas willkürlich, zu weit weg. So nutzen sie freilich opti- mal das Licht auch von hinten. In ihrem comicartigen und dennoch ohne dessen effekthascherei auskommenden Stil machen sie die Ausstellung auch für Kinder zugänglich.
Bei Karl-Heinz Kasper geht es immer um korrespondierende Bildelemente, um gegeneinan- dergestellte und dennoch mit- einander verschmelzende Teile. Selbst wenn die Farben gedämpft sind, strahlt etwa das eine Begegnung darstellendes Bild Zusam- mengehörigkeitsgefühl, Freude aus.
Am meisten diskutiert sind sicher Frank Runges Werke. Fast immer dominieren das Kreuz oder die Kreuze, die auch in seinen farblich schönen Bildern miteinander zu kämpfen scheinen, im Widerstreit stehen oder sich ergänzen. Runge bietet den Betrachtern auch eine Unmenge Material zu seinem Werk an, Texte zum,,schwangeren
Kreuz" etwa. Die Meinungen gehen auseinander. ,,Es ist eine unbeschreibliche Gotteslästerung" schrieb jemand ins Gästebuch, nannte es eine ,,obszöne und blasphemische Darstellung." ,,Die Kreuzsachen gefallen mir am besten", notierte ein anderer. Reaktionen rufen sie also hervor -dennoch: hätte es dazu die ,,unbefleckte Empfängnis" ge- braucht?
Runges Arbeiten wollen Auffallen
und Provozieren. Aber sind solche Ziele noch zeitgemäß und solche Zeiten wirklich noch wirklich?                                                 Jahn


"Wie wirklich ist die Wirklichkeit".

Die erste EU-Regio-Kunstaus-
stelIung im Emmendinger Rathaus -Foyer ist bis 29. Juli zu den normalen Öffnungs- zeiten zu sehen.

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